Die Linde – Heilpflanze des Jahres 2025

Es gibt wohl kaum einen anderen Baum, der so viel besungen und bedichtet wurde, wie die Linde. Sie ist der Baum der Liebe, Harmonie und Gerechtigkeit und Symbol vieler Ortswappen. Ihr Holz wird von Bildhauern und Instrumentenbauern geschätzt, ihr Bast wurde nachweislich sogar schon in der Steinzeit für Kleidung, Seile oder Matten genutzt. Unter der Linde wurde getanzt, gesungen oder einfach nur ein wenig verweilt, um Ruhe zu finden. Früher hatte beinahe jedes Dorf eine eigene Dorflinde. Sie war der Mittelpunkt des dörflichen Lebens, hier traf man sich, tauschte sich aus, freute sich am Leben und erzählte von vergangenen Zeiten. Und heute?

Heute gibt es sie auch noch, die alten Dorf-, Gerichts- und Friedenslinden. Doch sie sind rar geworden und viele Menschen haben vergessen, der Linde mit ihrem Herzen zu begegnen. 

Die Linde steht für die weiblichen, mütterlichen und nährenden Kräfte. Alles an ihr ist „lind“, fein und wohlwollend. Ich kenne niemanden, der sich unter einer Linde nicht wohl fühlen würde. Sie nimmt dich unter ihrem Kleid auf, streichelt dich mit ihrem Duft und raunt dir zu „nun ruhe dich erst einmal aus“. Sie ist wie die Mutter, an dessen „Herd“ man immer wieder zurückkommen darf und liebevoll aufgenommen wird.

Bei den alten Griechen wurde die Linde der Liebesgöttin Aphrodite geweiht. Zudem wusste man, dass in der Linde der wohlwollende Baumgeist Philyra wohnt. Philyra war einst eine Frau aus göttlichem Geschlecht und wurde zu ihrem eigenen Schutz in eine Linde verwandelt. Sie ist die Mutter von Cheiron, dem ersten Heiler. Bei den Germanen wurde bei Linden die Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin Freya verehrt. Einst standen in Europa mächtige alte Freya-Linden, die jedoch immer mehr verschwanden bzw. nach der Christianisierung zu Marien-Linden wurden.

Eine alte Redensart heißt: „300 Jahre kommt sie, 300 Jahre steht sie und 300 Jahre vergeht sie.“ Linden können über 1000 Jahr alt werden, wie die Dorf-Linde in Schenklengsfeld in Hessen zeigt. Sie wurde im Jahr 760 gepflanzt und ist damit akutell 1265 Jahre alt!

Schauen wir uns die Heilkraft der Linde an. Alles an der Linde ist fein und liebevoll. Ihr Blätter sehen aus wie kleine grüne Herzen, und hier berührt sie uns auch auf eine sehr feine, unaufdringliche Weise. Sie öffnet unser Herz – und hinein strömt die Liebe. Wir spüren Liebe und fühlen, welche Kraft in der Liebe wohnt. In dieser Kraft ist nichts mehr wichtig, schwere Gedanken lösen sich auf, es gibt nur das „Jetzt“ und diese unglaubliche Liebe. Es ist kein Wunder, dass sich unter der Linde heute noch Eheversprechen gegeben werden und sie nach den großen Weltkriegen als Friedenslinde gepflanzt wurde. Die Linde ist ein Baum mit einer klaren, aktuellen Botschaft. Sie ist der Liebe und des Friedens geweiht.

Als Heilpflanze werden wohl die Lindenblüten von vielen Menschen bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten geschätzt. Linden- und Holunderblüten ergeben einen schweißtreibenden Tee, der immunstärkend, fiebersenkend, hustenlösend und schmerzstillend wirkt. Neben der klassischen Anwendung von Tee hilft bei Erkältungskrankheiten auch ein wärmendes Fuß- oder Vollbad.

Die Verwendung der Blüten in der Heilpflanzenkunde ist jedoch noch recht jung. Erst im 17. Jahrhundert entdeckte man die Heilkraft der Blüten, davor waren vor allem die Blätter, Rinde und das Holz sowie die daraus gewonnene Lindenholzkohle im Gebrauch.

Weniger bekannt ist die beruhigende, nervenstärkende, antidepressive und schlaffördernde Wirkung der Linde. Studien zeigen, dass sich die Lindenblüten positiv auf die Seretonin-Produktion auswirkt.

In der Schulmedizin werden die Lindenblüten also bei (fiebrigen) Erkältungskrankheiten, erkältungsbedingtem Husten, Ruhelosigkeit und zur Linderung leichter Stresssymptome verwendet. In der Volksheilkunde werden alle Teile der Linde zusätzlich bei Schlafproblemen, Angstzuständen, depressiven Verstimmungen, zur Stärkung von Herz und Gefäßen, bei Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall und Blähungen, zur Blutreinigung und sogar auch bei Krebserkrankungen geschätzt.

Geerntet werden die Lindenblüten (mit ihrem hellgrünen Tragblatt) ab Mitte Juni, möglichst 1 bis 2 Tage nach dem Aufblühen bei sonnigem Wetter. Dabei ist es gleichgültig, ob es die Sommer- oder die Winterlinde ist. Beide Bäume sind anerkannte Heilpflanzen, die Wirkung ist die gleiche. So wundert es auch nicht, das die Linde zur Heilpflanze des Jahres 2025 gekürt wurde.

Die Linde
ein Gedicht von Alfons Petzold (1882 – 1923)

Gesät von einem Winde,
der ihren Samen einst verlor,
strebt eine junge Linde
aus dunklem Grund hervor.

Der Erde Muttergüte
betreute sie so lieb und bang,
bis dass die erste Blüte
aus ihrem Leibe sprang.

Wie sie nun breit ausladet
ihr goldig blühendes Geäst,
steht sie von Gott begnadet
im Leben stark und fest.

Oh Erde, liebe Erde,
mach mich der jungen Linde gleich,
du liebe Seele, werde
wie sie so blütenreich!

 


Rezepte


Lindenblütentee

1 – 2 Teelöffen Lindenblüten mit ca. 200 ml heißem Wasser überbrühen und abgedeckt etwa 10 Minuten ziehen lassen, dann abfiltern und möglichst warm trinken.

Zur Beruhigung, bei Ängsten oder Unruhe sowie bei Erkältungskrankheiten können 2 – 3 Tassen pro Tag getrunken werden.
Bei Einschlafproblemen und für klare, schöne Träume kannst du eine Tasse (bewusst und achtsam!, siehe Beitrag „Über das Tee trinken„) etwa 30 Minuten vor dem Schlafengehen trinken.

Mein liebster Erkältungstee

besteht aus je einem Teil Lindenblüten, Holunderblüten und Mädesüßkraut.
Bei Husten passt noch der Spitzwegerich dazu, bei grippalen Infekten die Engelwurz und der Thymian sowie der Weißdorn (zum Schutz des Herzens).

1 – 2 TL der Mischung mit 200 ml heißem Wasser übergießen, 9 Minuten ziehen lassen und abfiltern. 3 – 4 Tassen pro Tag trinken.

Lindenblütenwein

Eine Flasche locker mit frisch geernteten Lindenblüten befüllen und mit einem Weißwein auffüllen. 2 bis 4 Wochen ausziehen lassen und dann abfiltern.

Abends ein kleines Gläschen getrunken vertreibt der Wein Kummer und Sorgen, schenkt tiefen Schlaf und schöne Träume.


Hinweis:
Die hier angegebenen Anwendungsbeispiele und Rezepturen ersetzen in keiner Weise den Arztbesuch. Die Anwendung erfolgt in eigener Verantwortung und auf eigene Gefahr.

Quellen:
Siegrid Hirsch & Felix Grünberger: Die Kräuter in meinem Garten.
Susanne Fischer-Rizzi: Medizin der Erde
Barbara Simonsohn: Die Linde

Fotos: Anja Böhme