Im letzten Jahr habe ich den Schulungsweg der Geomantie bei Hagia Chora begonnen. Die Erfahrungen, die ich dort sammeln durfte, berührten meine Seele sehr. Mir wurde bewusst, dass die Geomantie für mich die „goldene Kugel“ ist, in der sich sämtliche Wege und Erfahrungen in meinem Leben vereinen und zur Erfüllung kommen.
Ein Erfahrungsraum im ersten Jahr des Schulungsweges war, verschiedene Qualitäten und Lebensformen zu erforschen. Wie fühlt es sich an, ein Stein, Wasser, Tier, eine Pflanze oder gar ein Mensch zu SEIN?
So durfte ich als Stein die uralte und zeitlose Weisheit und Güte vom „Knochengerüst“ unserer Mutter Erde kennenlernen. Als Wasser erfuhr ich, immer in Verbindung, im Fluss und im Wandel zu sein. Als Tier (Kuh) durfte ich lernen, wie wichtig die gründliche Verdauung ist, die Frieden, Güte, Treue und Liebe erschafft. Die (bewusste!) Erfahrung, was es heißt „Mensch“ zu sein, zeigte mir letztendlich, welche Verantwortung wir für unsere Mitwelt haben. „Der Mensch ist das einzige Wesen, das nicht so sein muss, wie es ist.“ Ein Zitat aus unserer Ausbildungsgruppe.
Dann bekamen wir die Einladung, eine Pflanze zu sein. Auf diese Erfahrung war ich besonders neugierig. Die Kontaktaufnahme in Form von Pflanzenkommunikationen mit dem Pflanzengeist war mir nichts Fremdes und gehört zu meinem Wirkungskreis. Doch wie würde es sich wohl anfühlen, eine Pflanze zu SEIN?! Diese Erfahrung möchte ich nun mit dir teilen.
Ich bin ein Samen. Es ist dunkel. Ich fühle mich geborgen und träume von der Zukunft, Bilder von grünen Wiesen zeigen sich mir. Mir ist warm, die mich umgebende Erde fühlt sich warm-feucht an und es wird heller um mich herum. In mir spüre ich Neugier und Lebensdurst, ich werde unruhig und will zum Licht. Ich breche aus meiner schützenden Schale aus, die mich nun zu sehr einengt. Ich will zum Licht und tue das auch! Ich recke und strecke mich aus der Erde heraus, weite und entfalte mich! Auch zwei zarte kleine Blättchen entfalten sich. Weitere Blätter folgen, alles geschieht „wie von selbst“. Ich muss gar nichts dafür tun. Dann die Blüte, meine wunderschöne Blüte. Ja, ich entscheide mich FÜR eine Blüte. Dies geschieht nicht von selbst, ich entscheide mich dafür. Sie erschaffe ich aus meinem Herzen heraus. In ihr zeige ich mich. Nun bin ich hier. Genieße die Gesellschaft, die Sonne, den Regen, die Gezeiten.
Alles geschieht gleichzeitig.
Ich höre Geräusche. Laute Geräusche, mal nah und mal fern. Ich höre einen Rasenmäher. Ich bleibe. Ich höre Menschen. Nimm meine wunderschöne Blüte wahr! Ameisen, Hummeln, Bienen und Schmetterlinge besuchen mich. Ich gebe und zeige mich so gerne, tanze im Wind.
Ein Reh nähert sich. Die weichen, warmen Lippen sind schon ganz nah. Dann umfassen sie mich zärtlich. Ich gehe nun auf eine Reise! Es wird dunkel. Ich zerfalle, löse mich auf und bleibe doch „ganz“. Ich leuchte im Gedärm vom Reh. In meiner Auflösung leuchte ich und fühle die tiefe Verbindung zum Reh.
Alles geschieht gleichzeitig.
Als Mutter bilde ich Samen aus, es sind meine Kinder. Ich lasse sie los, verstreue sie aktiv. Ich lebe in ihnen weiter. Was gibt es nun noch für mich zu tun? Ich stehe hier, ohne Blüte. So stehe ich im Herbst und im Winter. Spinnweben umhüllen mich, ab und zu kommen Ameisen und Vögel, bedienen sich an meinen Kindern. Jedes erfüllt seine Bestimmung. Ich bin müde, gebe mich der Mutter Erde hin, zerfalle, und leuchte auch in ihr noch ein wenig weiter.
P.S.: Ich war wohl eine einjährige Pflanze. Im Fachjargon nennt man diese Pflanzen „Therophyten“. Ihren ganzen Lebenszyklus schließen sie in einem Jahr ab und sorgen für viele, viele Samen, um ihren Bestand zu sichern.
Die Erfahrungen, die ich als Pflanze gesammelt habe, berühren mich noch immer sehr. Durfte ich doch erfahren, dass alles gleichzeitig geschehen kann. Ich kann einem Tier als Nahrung dienen und gleichzeitig meine Samen (Kinder) gebären. Vielleicht habe ich auch als übergeordnete Pflanzenseele die Erfahrung vieler Individuen („Pflanzenpersönlichkeiten“) gleichzeitig erleben dürfen.