Es gibt wohl kaum eine andere Pflanze, die so sehr das Element Erde repräsentiert, wie der Beinwell (Symphytum officinale). Das Element Erde steht für das körperlich-sinnliche Erleben (be-greifen, Lernen aus Erfahrung), die greifbare verdichtete Energie der Materie (Essenz), die geformte Struktur sowie Stabilität und Ausdauer. Dem Element Erde wird in der traditionellen Heilkunde die Wurzelkraft zugeordnet. Wenn wir die Beinwellwurzel im Herbst graben, dann sind wir mit allen Sinnen mit den erdigen Wurzelkräften verbunden. Dem Element Erde ist das Tierkreiszeichen Steinbock mit seinem Planeten Saturn zugeordnet. Pflanzen mit diesen Kräften helfen bei chronischen Krankheiten (sie geben uns Ausdauer und Geduld für den Heilungsweg) und bei Beschwerden der Knochen, Sehnen und Gelenke. Der Beinwell trägt alle diese Kräfte in sich.
Auch sein deutscher Name drückt deutlich aus, wo diese Pflanze besonders gut einwirken kann: das Bein, bzw. das „Gebein“ (also das Skelett, die Knochen). Das altdeutsche Wort well kommt von „wallen“ und bedeutet „zusammenwachsen“. Auch der lateinische Gattungsname „Symphytum“ hat die gleiche Bedeutung (griech. syn = zusammen und phyo = wachsen -> symphytos = zusammenwachsen). Der Beinwell vermag es also, das gebrochene Knochen wieder zusammenwachsen können und hat dabei auch noch wundheilende Eigenschaften. So wird er im Volksmund auch Wallwurz oder Knochenheiler genannt.
Der Beinwell fügt wieder zusammen, was vorher getrennt war. Das gilt auch auf seelischer, geistiger Ebene.
Wenn man über die großen und ausladenden Blätter des Beinwells streicht, ist sofort spürbar, dass er zu den Rauhblattgewächsen gehört. Die Blätter können von April bis Oktober geerntet werden, die Wurzel im zeitigen Frühjahr oder im Herbst. Wir finden den Beinwell vor allem am Rand von Gräben, Bächen und kleinen Flüssen. Er kann aber auch sehr gut im Garten kultiviert werden, er braucht humosen und tiefgründigen Boden.
In seiner Wurzel befinden sich wertvolle Inhaltsstoffe, wie z. B. Allantoin, Cholin, Gerbstoffe und reichlich Schleimstoffe, welche die Wundheilung und Kallusbildung fördern. Dabei arbeiten viele Wirkstoffe „Hand in Hand“, wie z. B. Allantoin und Cholin.
Auch die Blätter vom Beinwell können als „Knochenheiler“ eingesetzt werden (z. B. gequetscht als Auflage oder in einer Salbe). Zudem sind sie reich an Vitaminen (A, B1, B2, B12, C und E) sowie Mineralien (Kalzium, Eisen, Kieselsäure, Kobalt, Mangan) und können in der Wildkräuterküche verwendet werden, z. B. in Salaten oder auch Kräuterquark. Im Geschmack ähneln sie ein wenig dem Borretsch, der ebenfalls zu den Rauhblattgewächsen gehört.
In der Schulmedizin wird der Beinwell (vor allem die Wurzel, aber auch die Blätter) äußerlich bei Prellungen, Zerrungen, Verstauchungen, Gelenkarthrose, Sehnenscheidentzündungen verwendet, meist in Form von Salben oder Cremen. Schulmedizinisch wird empfohlen, den Beinwell äußerlich nicht länger als 4 – 6 Wochen im Jahr anzuwenden. Der Beinwell enthält geringe Mengen Pyrrolizidin-Alkaloide, die sich in Langzeituntersuchungen als lebertoxisch herausgestellt haben. Dabei sollte aber bedacht werden, das diese Studien mit einer tausendfachen therapeutischen Dosis durchgeführt wurden (M. Bocksch, 2011). Schwangere und stillende Frauen sollten vorsichtshalber auf Beinwell verzichten, auch sollte der Beinwell äußerlich nicht auf verletzte Haut aufgetragen werden. Inzwischen werden jedoch für Fertigarzneimittel pyrrolizidinalkaloid-arme Züchtungen vom Beinwell verwendet.
In der Volksheilkunde wird der Beinwell umfassender angewendet: bei schlecht heilenden, unblutigen stumpfen Wunden, Knochenbrüchen, Blutergüssen, Sehnenscheiden- und Schleimbeutelentzündung, Knochenhaut- und Knochenmarkentzündung, Nagelbettentzündung, rheumatischen Beschwerden, Arthrosen, Ischiasbeschwerden, Venenentzündung und Lymphknotenschwellungen, chronischen Geschwüren und Beingeschwüren.
Der Beinwell ist einer der Pflanzen des diesjährigen 9-Pflanzen-Zyklus (9-Pflanzen-Ausbildung).
Rezepte
BeinwellsalbeZutaten: 1 – 2 EL frische Beinwellwurzeln, 100 ml Olivenöl, 15 g Bienenwachs, 1 EL Wollfett, 5 Tr. äth. Rosmarinöl. ![]() Herstellung: Die gesäuberten und klein geschnittenen Beinwellwurzeln in dem Olivenöl möglichst mehrere Tage erhitzen, z. B. in einem Simmer- oder Emailetopf, besser noch in einem Keramikgefäß (z. B. Salbenöfchen) auf einem Stövchen. Je länger der Beinwell ausgezogen wird, desto besser wird später die Salbe. Nach 2 – 5 Tagen wird das Öl abgefiltert. Im warmen Ölauszug wird das Bienenwachs und Wollfett geschmolzen sowie das äth. Rosmarinöl zugegeben. Anwendung: Äußerlich bei stumpfen Verletzungen (Quetschungen, Verstauchungen, Blutergüsse, Prellungen), Muskelkater, Sehnenscheiden- und Schleimbeutelentzündung, Gelenkschmerzen, Arthrose und Rheuma. Beinwelltinktur
Ein verschraubbares Glas wird mit frischen und kleingeschnittenen Beinwellwurzeln bis zur Hälfte befüllt und dann mit Wodka oder Doppelkorn ganz aufgefüllt. 3 – 4 Wochen ziehen lassen, möglichst oft (am besten täglich) schütteln. Nach etwa 4 Wochen kann die Tinktur abgefiltert und wie die Salbe angewendet werden. Beinwell-Ziegenkäseröllchen
Der Ziegenkäse wird in kleine Stücke geschnitten, mit Olivenöl eingeölt und mit klein geschnittenen Kräutern, Salz und Pfeffer gewürzt. Bei den Beinwellblättern wird die dicke Mittelrippe ein wenig abgeschnitten, damit sich die Blätter besser rollen können. Dann werden die Ziegenkäse-Stücke einzeln in Beinwellblätter eingerollt (mit Zwirn umbinden) und auf einem Grillrost etwa 5 Minuten beidseitig gegrillt. |
Quellen:
Ursel Bühring: Alles über Heilpflanzen.
Manfred Bocksch: Das praktische Buch der Heilpflanzen
www.arzneipflanzenlexikon.info
Hinweis:
Die hier angegebenen Anwendungsbeispiele und Rezepturen ersetzen in keiner Weise den Arztbesuch. Die Anwendung erfolgt in eigener Verantwortung und auf eigene Gefahr.