„Vor einem Holunder zieh den Hut, vor einem Wacholder geh in die Knie“. Dieses alte Sprichwort vermittelt uns eine Ahnung, wie sehr der Wacholderbaum (Juniperus communis) in früheren Zeiten verehrt wurde. Ich verehre ihn noch heute, so wie viele Menschen auch. Wie der Holunder wurde auch der Wacholder bei unseren Vorfahren als magischer und kraftvoller Baum verehrt. Mit beiden Gehölzen verband man einen Ort, um den Ahnen zu begegnen. Die Germanen verbrannten die Toten auf Wacholderholz, um die Seelen bei ihrem Übertritt zu schützen.
Schon früh hatte man erkannt, dass der Wacholder eine sehr reinigende, desinfizierende und schützende Wirkung beim Verräuchern entfaltet. Im Mittelalter versuchte man mit dem Verbrennen von Wacholderholz in den Dörfern die Pest zu besiegen. Tatsächlich wirken die ätherischen Öle und Harze im Wacholder keimtötend. Später räucherte man Kranken- oder auch Totenzimmer mit Wacholder aus, um die Räume zu desinfizieren. Auch der Schinken erhält nicht nur einen guten Geschmack durch das Räuchern, sondern wird dadurch lange haltbar gemacht. Funde aus steinzeitlichen Felshöhlen lassen vermuten, dass Wacholder auch bei Zeremonien und Ritualen verräuchert wurde. Später wurde die reinigende und schützende Kraft beim Räuchern insbesondere in den Rauhnächten geschätzt, um Krankheiten und Schaden von Haus und Stall fernzuhalten.
Der Wacholder kann bis zu 800 Jahre alt werden. Er bevorzugt magere und karge Böden, die bei uns sehr selten geworden sind. So ist auch der Wacholder selten geworden und steht unter Naturschutz. Die reifen Beeren dürfen jedoch für den Eigenverbrauch im Herbst geerntet werden.
Erkennungsmerkmale
Der Wacholder wächst meistens säulenförmig und kann bis zu 8 Meter hoch werden. Seine blaugrünen Nadeln haben oberseits einen blauweißen Wachsstreifen. Sie stehen in Dreierformationen um den Trieb herum und sind sehr spitz. Die Rinde ist rotbraun, längsrissig und faserig. Die Früchte (Wacholderbeeren) sind botanisch gesehen Scheinbeeren und werden „Beerenzapfen“ genannt, da Nadelbäume ja zu den Nacktsamern gehören und keine Früchte ausbilden. Die Beerenzapfen bilden sich aus den weiblichen Blüten (grüne Zäpfchen) und reifen über eine Dauer von 2 bis 3 Jahren heran. Der Wacholder ist zweihäusig, die einzelnen Bäume tragen also entweder männlichen (gelbe Kätzchen) oder weibliche Blüten (grüne Zäpfchen).
Verwendung als Heilpflanze
In der Schulmedizin werden die Wacholderbeeren oder das daraus gewonnene ätherische Öl verwendet. Sie fördern die Verdauung, wirken leicht entwässernd und allgemein stärkend. Die stärkende Kraft der Wacholderbeeren finden wir in einem alten Spruch: „Esst Kranewitt und Bibernell, dann stirbts nit so schnell.“
Das hohe Alter (800 Jahre!) und seine tiefen Wurzeln sind Signaturen von Saturn. Saturnpflanzen sind gute Helfer bei chronischen Erkrankungen wie Rheuma oder Gicht, was ein Einsatzgebiet des Wacholders ist. Die spitzen Nadeln spiegeln die Kraft und Energie von Mars und verleihen dem Wacholder immunstärkende und desinfizerende Eigenschaften.
In der traditionellen Heilkunde werden die Wacholderbeeren zur allgemeinen Stärkung, Blutreinigung und Entwässerung sowie bei Rheuma, Gicht, Arthrose, Erkältungskrankheiten und Bronchitis eingesetzt. Die Wacholderbeeren können gekaut oder als Tee zubereitet werden. Das ätherische Wacholderöl wird zudem äußerlich bei Gelenkbeschwerden als Einreibung verwendet.
Der Wacholder als Räucherpflanze
Geräuchert werden die getrockneten Nadeln, Holzspäne und Beeren. Die Beeren riechen fruchtig-würzig, sie vermitteln für mich die weihnachtliche Geborgenheit. Nadeln und Holz haben einen würzig-warmen und harzigen Duft mit stark heilenden, klärenden und erdenden Kräften.
Wacholder vermittelt uns Ruhe, Kraft und Zuversicht, insbesondere in der dunklen Jahreszeit und den heiligen Rauhnächten. Wacholder macht uns wach. Als Vermittler zwischen den Welten hilft er, die Botschaften der Ahnen und Naturwesen wahrzunehmen.
Bei Erkältungen ist eine Räucherung eine Wohltat für die Atemwege und Nebenhöhlen, zudem desinfiziert der Rauch den Raum und vermindert die Ansteckungsgefahr.
Neben- und Wechselwirkungen
Bei äußerlicher Anwendung können allergische Hautreaktionen auftreten. Bei einer Überdosierung riecht der Harn veilchenartig und es treten Schmerzen im Nieren-Blasenbereich auf.
Hinweis (www.arzneipflanzenlexikon.info): Werden Wacholderbeeren oder -öl zur Durchspülungstherapie verwendet, muss reichlich Flüssigkeit getrunken werden. Bei Nierenerkrankungen dürfen Wacholderbeeren nicht eingenommen werden. Sollten während der Behandlung Fieber, Harnverhalten, Krämpfe beim Wasserlassen oder Blut im Urin auftreten, ist unbedingt ärztlicher Rat einzuholen. Von einer Kombination mit synthetischen entwässernden Arzneimitteln (Diuretika) wird abgeraten. Für die Einnahme von Wacholderbeeren oder Wacholderbeeröl während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor. Für eine bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren reichen die Erkenntnisse noch nicht aus.
Rezept: Magenbitter
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Quellen:
Renate Kauderer: Heimische Bäume
Susanne Fischer-Rizzi: Blätter von Bäumen
www.arzneipflanzenlexikon.info
Hinweis:
Die hier angegebenen Anwendungsbeispiele und Rezepturen ersetzen in keiner Weise den Arztbesuch. Die Anwendung erfolgt in eigener Verantwortung und auf eigene Gefahr.