Die Vision

In der Natur ist es noch sehr still, wir befinden uns mitten in der Winterzeit. Auch wenn bei den milden Temperaturen zum Teil schon Frühlingsgefühle aufkeimen, dürfen wir sicher noch mit winterlichen Temperaturen und Frost rechnen. Ich schreibe bewusst „dürfen“, denn eine alte Bauernregel besagt folgendes:

Ist der Januar hell und weiß, kommt der Frühling ohne Eis,
wird der Sommer sicher heiß.
Januar ganz ohne Schnee, tut Bäumen, Bergen und Tälern weh.

Ich erinnere mich noch gut an den Spätfrost Anfang Mai im letzten Jahr. Es war das erste Mal seit Bestehen meiner Kräuterschule, dass ich mit meinen Teilnehmerinnen bei Minustemperaturen in die Ausbildung starten musste. Viele Blüten sind an diesem Tag erfroren und es gab nicht eine Walnuss im Herbst. Für den Winter 2018/2019 und den darauf folgenden Frühling traf die Bauernregel also zu.

Der Januar ist ein Ruhemonat, in welchem sich die Natur tief im Inneren regeneriert. Gleichzeitig regt sich im Verborgenen bereits das neue Leben und der „Durchbruch“ wird vorbereitet. Tief in der Erde schlummern die Samen und an den Gehölzen kommen die Knospen in ihre Kraft. Noch ist Vorsicht und ein wenig Geduld geboten. Ich spüre in der Natur eine gewisse Verunsicherung, bedingt durch die Temperaturschwankungen und zu hohen Temperaturen. In den Samen und Knospen ist bereits alles enthalten, die Vision und die Idee, was einmal daraus entstehen soll und wird. Damit der Samen keimen und die Knospe sich entfalten darf, also die Idee und die Vision sichtbar wird, braucht es jedoch noch ein wenig Zeit und Geduld.

Wie können wir diese Qualität im Naturzyklus auf unsere menschliche Natur übertragen? Auch wir Menschen sollten uns immer noch Zeit für Ruhe und Regeneration nehmen. Der Alltag hat uns doch immer wieder schnell im Griff und es braucht schon ein wenig Anstrengung, um „die guten Vorsätze“ aus den Rauhnächten oder dem Jahreswechsel auch wirklich dauerhaft zu verankern und umzusetzen. Aus der Ruhe heraus geht es jedoch auch um unsere Vision. Was möchtest du in diesem Jahr in die Welt bringen?

Ein neues Jahr(zehnt) hat begonnen. Von vielen Seiten können wir Wahrnehmungen und Prognosen erhalten, dass dieses Jahr ein ganz besonderes ist. Es ist vom Beginn einer Zeitenwende die Rede, die unsere alten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Normen und Werte aufbrechen wird. Hin zu einem neuen und höheren Bewusstsein, einem wirklichen „Miteinander“ und einer gefühlten Verbindung mit Allem und Jedem.

Eine grundlegende Veränderung unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systeme ist sicherlich kein Spaziergang. Es wird auch nicht „über Nacht“ geschehen, also brauchen wir hier – wie es uns die Natur gerade zeigt – Geduld und Ausdauer. Doch es braucht auch Mut, Verantwortung und Tatkraft. Wir können bei uns selbst und unserem unmittelbaren Wirkungskreis anfangen, gewisse Dinge anders zu machen und andere zu inspirieren. Dazu müssen wir uns erst einmal unseren Werten bewusst werden: Wofür stehe ich im Leben? Was ist mir wichtig? Wie möchte ich, das mit mir umgegangen wird? Wie möchte ich mit anderen Menschen, Tieren und unserer Erde umgehen?

Ich möchte an dieser Stelle nicht aufzählen, was wir Menschen auf der Erde gerade alles anstellen, wie wir die Erde und Natur ausbeuten und systematisch vergiften, wie wir untereinander mit-einander umgehen. Es gibt so unglaublich positive Bewegungen, Konzepte und Menschen, die sich jetzt schon verbunden fühlen und sich aktiv für einen Wandel einsetzen. Da gibt es zum Beispiel das  Wirtschaftsmodell „Gemeinwohl-Ökonomie“ (GWÖ), welches auf den Werten Menschenwürde, Mitgefühl, Solidarität, Gerechtigkeit, ökologische Verantwortung und Demokratie aufbaut. Das Modell wurde in der EU für den Einbau in das Europäische Recht befürwortet. Da gibt es immer mehr Menschen, die sich für eine würdevolle Ernährung einsetzen und auf den Fleischkonsum aus der Massenzucht verzichten. Da gibt es Menschen, die sich wahrhaftig und wirksam für den Klimaschutz einsetzen, indem sie Bäume pflanzen und sich für den Erhalt unserer Wälder einsetzen. Da gibt es noch jede Menge weitere gute Beispiele, die hier gar nicht alle genannt werden können. Und dahinter steht immer eine Vision, eine Idee.

Was ist deine Vision? Wie möchtest du in den nächsten Jahren leben? Was möchtest du einmal im hohen Alter deinen Nachfahren erzählen können über dein Leben? Wofür stehst du?

Ich lade dich ein, darüber nachzudenken. Am besten bei einem Spaziergang in der Natur. Ich lade dich ein, diese Fragen für dich auch zu beantworten, deinen roten Faden im Leben aufzunehmen und zu einem Wandel auf unserer Erde aktiv beizutragen.